Deklination (Kasus)

Bevor dieses Thema ausgeführt wird, sollte man die Rolle des Kasus rectus und Kasus obliquus in Erinnerung rufen. Die kurdische Sprache besitzt zwei Formen von Kasus. Da die Fälle im Kurdischen nicht so deutlich auseinanderdividiert werden, können dabei Kasus rectus und Kasus obliquus hilfreich sein.

Der Begriff „Kasus rectus“ wird in Sprachen mit zwei gegensätzlichen Kasus verwendet. Sein Gegenstück ist der Kasus obliquus. 

Kurdische Nomen sind deklinierbar. Um Nomen für ihre Verwendung im Satz passend zu machen, müssen sie auch dekliniert werden. Im Kurdisch werden nur als Kasus (Fälle) zwei Kasus Arten verwendet: Kasus rectus und Kasus obliquus. Mit zwei Kasusarten werden alle Fälle entweder Kasus rectus (Nominativ) und Kasus obliquus (Genitiv, Dativ und Akkusativ) ausgedrückt.

Die Fälle werden im Kurdisch nur mit Hilfe der Präpositionen definiert. Um welchen Fall es geht, kann nur im Kontext (oder mit dem deklinierten Verb) ermittelt werden. Nomen mit Pluralendung „an“ und „ên“. sind im Kasus rectus und Kasus obliquus erkennbar.

  • Malan → die Häuser Kasus rectus, Plural.
  • Malên → der Häuser (Genitiv), den Häusern (Dativ), die Häuser (Akkusativ) → Kasus obliquus, Plural.
  • Min ji meta te bihîst (Ich habe von deiner Tante gehört). → Dativ; …ji …).
  • Met = die Tante → Kasus rectus (Nominativ – Absolutiv) Singular.
  • Meta = der Tante (Genitiv), der Tante (Dativ), die Tante (Akkusativ) → Kasus obliquu,– (Objektkasus). Singular, feminin.
  • Xal = Onkel → Kasus rectus, Singular, Nominativ.
  • Xalê = des Onkels (Genitiv), dem Onkel (Dativ), den Onkel (Akkusativ) → Kasus obliquus, Singular, maskulin.
  • Xalê te jibo me anî. (dein Onkel hat es für uns gebracht), → Akkustaiv: …jibo….

Wie oben gesagt: Kasus obliquus entspricht Genitiv, Dativ und Akkusativ. Das Nomen nimmt bei der Bildung des Kasus obliquus für Femininum die Endung (-a), für Maskulinum die Endung (-ê) und für beide Geschlechter im Plural die Endung (-ên).

  • Hevala Sido hat (die Freundin von Sido ist gekommen).
  • Hevalê Sido hat (der Freund von Sido ist gekommen).
  • Hevalên Sido hatin (die Freunde von Sido sind gekommen).
  • Îro ez bi bavê xwe va çûme dibistanê (ich bin heute mit meinem Vater in die Schule gegangen).
  • Ez ber derê dibistanê runiştim û li hêvîya bavê xwe sekinîm (ich habe mich vor der Tür der Schule hingesetzt und habe auf meinen Vater gewartet).

Kasus rectus

Die Kurdische Substantive stehen in der Grundform (Absolutiv) ohne Endung und bezeichnen sowohl Singular als auch Plural, solange das Pluralendungspartikel „an“ nicht vorhanden ist.

  • Rêwî diçe Hewlêr (der Reisender fährt nach Erbil) → 3. Person Singular.
  • Rêwî diçin Hewlêr (die Reisende fahren nach Erbil) → 3. Person Plural. Hier: „diçin“ bezeichnet das Subjekt in Plural.

Bestimmte Nomen im Kasus rectus

Die bestimmte Substantive als Subjekte sind meistens Rectus (Nominativ). Sie können sowohl Singular als auch Plural bezeichnen.

  • Şêr derdikeve serê zinar (der Löwe klettert auf den Felsen).
  • Şêr derdikevin serê Zinar (die Löwen klettern auf den Felsen).

In der Grundform nimmt das bestimmte Nomen im Plural die Endung „-an“.

  • Şêran em dîtin (die Löven haben uns gesehen).
  • Havalan nan xwerin (die Freunde haben Brot gegessen).
  • Mamostan xwe davêjin avê (die Lehrer springen ins Wasser).
  • Jinan tendur dadan (die Frauen haben das Backoffen angefacht).

Wenn das finite Verb in Plural gebraucht wird, werden die Objekte auch im Plural betrachtet.

  • Bav (Vater – Väter) → bav dibeze → bav dibezin.
  • Jin (Frau – Frauen) → jin dibêje → jin dibêjin.
  • Bra (Bruder – Brüder) → bra dixwine → bra dixwînin.
  • Xezal (Gazelle – Gazellen) → xezal birîndare → xezal birîndarin.
  • Zarok bi trambêlê hat (das Kind ist mit dem Auto gekommen). Zarok bi trambêlê hatin (die Kinder sind mit dem Auto gekommen).
  • Dibistan giringe ye (die Schule ist wichtig). Dibistan ist ohne Endung. Das Verb „ye“ ist im Singular, 3. Pers.
  • Dibistan giringe ne (die Schulen sind wichtig). Dibistan ist auch hier ohne Endung, aber das Verb „ne“ ist im Plural. Somit wird es durch das Verb Plural bestimmt.
  • Şêr hov e (der Löve ist wild). Şêr hovin (der Löven sind wild).
  • Zarok dêyan xemgin dikin (die Kinder machen die Mütter traurig).

Wenn das Nomen mit einem Vokal endet, wird eine Fuge-y zwischen dem Nomen und dem Pluralpartikel geschoben.

  • Rovî → Rovîyan (der Fuchs → die Füchse).
  • Bra → Brayan (der Bruder → die Brüder).
  • Rewî → Rêwîyan (der Reisender → die Reisende).

Unbestimmte Nomen im Kasus rectus 

Die unbestimmten Substantive haben in der Grundform (Nominativ) die Endung (-ek).

  • Mêr → Mêrek (ein Mann)
  • Jin → Jinek (eine Frau)
  • Heval → Hevalek (ein Freund).

Wenn das Nomen mit einem „e“ endet, wird die Endung „-ek“ auf „-k“ reduziert. 

  • Memoste + ek → memostek (ein Lehrer).
  • Lambe + ek → lambek (eine Ampel).

Wenn unbestimmte Nomen mit Adjektiven zusammen verwendet werden, werden die Endungen „-eke“ für Femininum und „-ekî“ für Maskulinum gebraucht.

  • Jineke pîr (eine alte Frau),
  • Mêrekî kal (ein alter Mann).
  • Hevaleke delal (eine liebe Freundin),
  • Hevalekî jîrek (ein fleißiger Freund).
  • Xwîşkeke rindik (eine schöne Schwester).
  • Xalekî baş (ein guter Onkel).

Ermittlung des Kasus Rectus im Grundform

Das Nomen als Subjekt eines Satzes steht meisten in Grundform (Kasus rectus). Mit einer Frage kann man das Subjekt in der Grundform ermitteln. Fragewörter: Kê, für Personen), Çi, für Sachen und Tiere.

  • Bav tê (der Vater kommt).

Frage: Kê tê? (wer kommt?)

Antwort: Bav (der Vater). 

Bav tê (der Vater kommt). „bav“ ist in Grundform (Nominativ).

  • Hewa sare (das Wetter ist kalt).

Frage:  Çi sar e? (was ist kalt?)

Antwort: Hewa (das Wetter).

Hewa sar e (das Wetter ist kalt). „Hewa“ ist in Grundform.

Kasus obliquus

Im Kurdischen bezeichnet Kasus Rectus (Grundform) den Nominativ und Kasus obliquus (Objektkasus) den Genitiv, den Dativ und den Akkusativ).

 

  • Mamostê Dibistanê (der Lehrer der Schule). Mamoste ist maskulin (mit Endung „-ê“).
  • Rêya Gund (der Weg des Dorfes). Rê ist maskulin (mit Endung „-ê“).
  • Pirtuka xwendevan (das Buch des Studenten). Pirtuk ist feminin (mit Endung „-a“).
  • Dêla Rovî (Die Lunte des Fuchses). Dêl ist feminin (mit Endung „-a“).

Bestimmtem Nomen im Kasus obliquus

Kasus obliquus wird durch mindesten zwei Nomen gebildet.

 

Deftera şagirt

  • Nomen / Defter → Besitzobjekt
  • Nomen / şagirt → der Besitzer

Das Nomen, das den Besitzobjekt bezeichnet, muss im Kasus obliquus stehen. 

  • Pirtuk (das Buch).
  • Pirtuka Mamoste (das Buch des Lehrers).
  • Pirtuka → feminin. → Besitzobjekt. (Kasus obliquus). Endung „a“.
  • Ap (Onkel – Vaterseits)
  • Apê qîzikê (der Onkel des Mädchens). Endung „ê“
  • Apê → maskulin. → Besitzobjekt. (Kasus obliquus).

Wenn der Besitzer maskulin bezeichnet, ist sein Geschlecht nicht bekannt. Hier: das Geschlecht von „şagirt“ ist nicht erkennbar. 

 

Pirtuka şagirt (das Buch des Lehrlings).

Wenn der Besitzer feminin bezeichnet, muss das Geschlecht bekannt sein. Deftera qîzikê (das Heft des Mädchens). Das Geschlecht von „qîzikê“ ist durch die Endung „-ê“ bekannt → feminin. (Kasus obliquus).

 

Wenn Besitzer Plural bezeichnet, muss die Pluralendung „an“ an dem Nomen angehängt werden. 

 

Pirtuka Hevalan (das Buch der Freunde).

Bei der Bildung des Kasus obliquus bezeichnet das maskuline Nomen (als Besitzobjekt) im Kasus rectus (Absolutiv) und das feminine Nomen (als Besitzobjekt) im Kasus obliquus

  • Hevalê Mamoste (der Freund des Lehrers).

Hevalê → maskulin → Kasus obliquus,

Mamoste → maskulin → Kasus rectus.

Wenn die Besitzer als Personalpronomen auftreten („hevalê “), ist dann das Personalpronomen „wî auch im Kasus obliquus.

Da die maskulinen Namen im Genitiv keine Endung nehmen, werden ihr grammatisches Geschlecht nicht angegeben.

  • Pirtuka Xwendevan (das Buch des Studenten)

Xwendevan→ Kasus rectus, maskulin (keine Endung).

Pirtuka → (sein Buch) Kasus Obliquus).

  • Dayîka karker (die Mutter des Arbeiters).

Karker→ maskulin, → Kasus rectus ohne Endung)

Dayîka wî → (seine Mutter), Kasus obliquus.

Das maskuline Nomen, welches den Besitz bezeichnet, ist im Kasus obliquus (Objektkasus), wenn sie nur als Nomen eintreten.

  • Dibistana Gund (die Schule des Dorfes). Gund → maskulin.

Besitzobjekt: Dibistana (Kasus obliquus)

Besitzer: Gund (Kasus rectus)

  • Pirtuka Memoste (das Buch des Lehrers). Mamoste → maskulin.

Besitzobjekt: Pirtuka, → Kasus obliquus

Besitzer: Mamoste → Kasus rectus)

Das feminine Nomen, welches den Besitz bezeichnet, ist im Kasus obliquus.

  • Dayîka qîzikê (die Mutter des Mädchens). Qîzik→ feminin.

Besitzobjekt: Dayîka. → Kasus obliquus.

Besitzerin: Qîzikê → Kasus obliquus.

  • Deftera Metê (das Heft der Tante). Metê → feminin.

Besitzobjekt: Deftera. → Kasus obliquus

Besitzerin: Metê → Kasus obliquus.

Wenn der Besitz ergänzt wird, die Ergänzung muss auch im Kasus obliquus stehen.

  • Pirtuka bavê min (das Buch meines Vaters). „Pirtuka“, „bavê“ und „min“ stehen alle im Objektkasus.

Besitzobjekt: Pirtuka (Kasus obliquus).

Besitzer: Bavê min (meines Vaters) Kasus obliquus (Genitiv).

Wenn mit zwei oder mehreren Substantiven Genitiv gebildet wird, stehen dann alle Substantive mit gleichen Regeln im Objektkasus.

  • Mal (haus) → feminin
  • Mala bra (das Haus des Bruders). Bra → maskulin.
  • Mala brayê bav (das Haus des Bruders des Vaters). Bav → maskulin.
  • Mala brayê bavê dê (das Haus des Bruders des Vaters der Mutter). Mutter → feminin. (Der Bruder des Vaters der Mutter ist der Besitzer!).
  • Mala brayê bavê dîya min (das Haus des Bruders des Vaters meiner Mutter). (Min ist hier Possessivpronomen 1. Person, Singular → Kasus obliquus).
  • Pirtuka brayê xalê min (das Buch des Bruders meines Onkels). „Pirtuk“, „Bra“, „Xal“ und „min“ stehen im Objektkasus. „min“ ist hier Possessivpronomen der 1. Pers. Singular.

Wenn Substantive Eigennamen sind, dann nehmen die Eigennamen die Endungen, wie es beim Lokativ dekliniert ist. Wenn der Eigennamen mit „o“ und „ê“ enden, werden sie nicht geändert

  • Mala Herbert (Herberts Haus),

Besitzobjekt: Mala

Besitzer: Herbert. Herbert ist ein Eigenname → maskulin

  • Bavê Dîlanê (Dîlans Vater).

Besitzobjekt: Bavê

Besitzerin: Dîlanê. Dîlan ist ein Eigenname → feminin.

  • Hevalê Kamo (Kamos Freund)
  • Besitzobjekt: Hevalê,
  • Besitzer: Kamo. Kamo ist ein Eigenname → maskulin
  • Pirtuka Susanê (Susans Buch)
  • Besitzobjekt: Pirtuka
  • Besitzer: Susanê. Susannê ist ein Eigenname → feminin.
  • Kwirê Xanê (Xanês Sohn)
  • Besitzobjekt: Kwirê
  • Besitzer: Xanê. Xanê ist ein Eigenname → feminin.

Die fremden Namen werden nicht geändert.

  • Mala Hans (Hans Haus).
  • Pirtuka Herbert (Herberts Buch)
  • Brayê Merita (Meritas Bruder).

Unbestimmtes Nomen im Genitiv

Alle unbestimmten Substantive nehmen in Kasus obliquus die Endungen: „-ekî“ für Maskulinum und „-eke“ für Femininum.

  • Mamostê dibistanekî (der Lehrer einer Schule),
  • Mamostekî Dibistanê (ein Lehrer der Schule),
  • Mamostekî dibistanekî (ein Lehrer einer Schule).
  • Jineke Bajar (eine Frau aus der Stadt),
  • Hevaleke Memo (eine Freundin von Memo),
  • Hevalekî Dibistanê (ein Freund der Schule),
  • Bavê hevalekî (der Vater eines Freundes).

Ermittlung des Genitivs

Mit dem Fragewort (Nomen + kê wird Kasus obliquus vermittelt).

  • Bavê Dîlanê tê. (Dîlans Vater kommt).

Frage: Bavê kê tê? (wessen Vater kommt?).

Antwort: Bavê Dîlanê. (Dîlans Vater).

Bavê dîlanê ist deklinierte Form. Es wird als Kasus obliquus Fall betrachten.

  • Xalê Hevalê min diçe Bingolê (Der Onkel meines Freundes fährt nach Bingol).

Xalê kê diçe Bingolê? (wessen Onkel fährt nach Bingol?

Antwort: Xalê hevalê min (der Onkel meines Freundes). Der Onkel meines Freundes ist deklinierte Form. Es gilt als Kasus obliquus.

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